Geboren bin ich in kalkig-karstigem Niemandsland, etwa in der geografischen Mitte Ostösterreichs. Wenn man das schlecht verorten kann, ist das ganz richtig so, dort ist nichts, nur ganz viel Land. Die nächste Autobahnauffahrt war etwa eine Stunde entfernt, in jeder Richtung, der nächste Buchladen dann noch einmal eine halbe Stunde weit weg. Ein fröhliches Kind war ich nicht, aber gute Geschichten haben immer geholfen.
Ich bin früh von zu Hause ausgezogen, habe die Schule beendet und danach in Wien Erfahrungen gesammelt. Wusste erst nicht, was studieren, habe dann aber doch das Richtige gefunden. Das Diplom habe ich ganz vorbildlich gemacht, die Doktorarbeit liegt noch immer halb fertig in der Schreibtischschublade. Dafür habe ich begonnen, mir die Welt anzusehen. Gemeinsam mit meinem Mann. Der Anfang des Weges lag in Bayern, dann habe ich in der Schweiz lange nichts verstanden. Die nächste Station war China. In Shanghai habe ich gelernt, was es heißt, einer unter ganz, ganz vielen zu sein. Das ist in einem kleinen Land so nicht zu begreifen. Nachdem ich in Amsterdam einen Sohn bekommen, und wir an der Nordwestküste der USA gelebt haben, bin ich wieder in Österreich gelandet. Nicht mehr so weit weg von Wien, meinem inneren Daheim. Jetzt bin ich bald vierzig, aber eigentlich doch ganz am Anfang.
Gudrun Smole lebt und arbeitet in Kärnten.